Freitag, 16. Dezember 2011

Hannover 96 und die schwarze 1

Vorsichtig muss die Frage erlaubt sein, ob Hannover, als man die kleine, schwarz umrandete Nummer 1 wieder vom Trikot entfernte, nicht doch Teresa hätte anrufen können und fragen, was ihr das bedeutet.

Hat die deutsche Gesellschaft etwas aus Enkes Selbstmord gelernt?

Und der deutsche Fußball?


Die Wahrnehmung von Depressionen sei eine andere geworden, erzählten mir Psychiater und Psychologen: Es falle Patienten nun leichter, zu ihnen zu kommen, sie verstecken sich nicht mehr. Viele Depressive haben durch den Fall Robert Enke erkannt, dass sie sich nicht schämen müssen: Depressionen sind keine Charakterschwäche, sondern eine Krankheit, für die niemand etwas kann.

Ein Profifußballer hat von Natur aus Schwierigkeiten, mit Schwächen umzugehen - denn im Leistungssport geht es nun einmal darum, den Stärksten zu küren. Aber auch hier sehe ich den Ansatz eines Umdenkens: Vier Spieler aus Roberts Mönchengladbacher Anfangszeit mussten sich mit Psychopharmaka behandeln lassen, das war vor zehn Jahren, und alle glaubten, sie müssten es verschweigen. Nun redet Roberts bester Freund Marco Villa in der Biografie auch offen über seine eigenen psychischen Probleme, mit dem Druck des Spiels zurechtzukommen, er kämpft gegen Angstattacken. Nicht für jeden ist es das Beste, sich zu öffnen. Aber ein Fußballer wie Marco Villa weiß, heute wird er bei vielen auf Verständnis stoßen.


Also hat man gelernt, Ich sage NEIN!

Deutschlands einziger Fußballprofi, der sich nach dem Selbstmord von Robert Enke mit Depressionen an die Öffentlichkeit gewagt hat, ist Andreas Biermann, Ex-Spieler vom FC St. Pauli. Biermann hasste früher seine roten Haare wegen dener er in der Schule gehänselt wurde. Später als Profi hasste er dann seine lädierte Schulter und das kaputte Knie. Er konnte lange Zeit keine Trauer mehr fühlen, wirkliche Freude sowieso nicht. Er war gefangen in seiner Gedankenwelt, die ihn wie eine schwarze Wolke umgab. Er wollte weg, flüchten, sterben. Im Oktober 2009 unternahm Biermann einen Selbstmordversuch. Als dreieinhalb Wochen später Teresa Enke auf einer Pressekonferenz unglaubliche Kraft bewies und über das Leiden ihres Mannes sprach, rettete sie vielleicht Biermanns Leben.

Er lernte wieder zu leben, sich auch an kleinen Dingen zu erfreuen, Angeln, Spaziergänge, Sonnenuntergänge. Und Fußball? Auf einen Schlag war daran nicht mehr zu denken. Aber nicht, weil Biermann nicht wollte. "Kein Klub wollte mich danach mehr verpflichten, obwohl ich so gerne den Beweis erbringen wollte, dass ich wieder spielen kann. Damit hätte ich ja vielleicht auch anderen Mut machen können." Wer nicht funktioniert, wird ganz schnell aussortiert. Das war vor Robert Enkes Tod so, und so ist es weiterhin.

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